Die Geislinger Stadtkirche
Die Stadtkirche ist das Wahrzeichen der Stadt Geislingen. Erbaut wurde diese gotisch errichtete Pfeilerbasilika in nur vier Jahren. Ursprünglich katholisch wurde sie 1428 als Marienkirche geweiht. Der Kirchturm ist 63 Meter hoch. Eine der Besonderheiten der Kirche ist der Mauchalter, der den Bildersturm während der Reformation überlebt hat.
Die Stadtkirche Geislingen:
Die Erbauung der Geislinger Stadtkirche
Die Erbauung der Geislinger Stadtkirche
Im Jahre 1424 veranlasste der Ulmer Rat den Bau dieser großen Kirche, in dem damals noch kleinen Städtchen Geislingen. Die Basilika nahm fast ein Drittel der Breite der Stadt ein. Der ursprüngliche Graf der Stadt, Graf von Helfenstein, musste Geislingen wegen seiner hohen Schulden an die Reichstadt Ulm verkaufen. Der Ulmer Rat entschied daraufhin, Geislingen auszubauen, um durch eine imposante Kirche auch hier seinen Einfluss und Macht zu demonstrieren. Es wird bis heute vermutet, dass die Geislinger Stadtkirche zu den Werken von Hans Kun gehört, der zu dieser Zeit der Münsterbaumeister in Ulm war. Gebaut wurde die Kirche aus Geislinger Kalktuffstein. Dieser Kalkstein eignet sich auf Grund seiner Porosität nicht für Steinmetzarbeiten, was Zeit beim Bau sparte. Daher ist die Stadtkirche auch nicht mit Ornamenten und Verzierungen geschmückt. Dennoch ist der natürliche Kalktuffstein wetterbeständiger als Sandstein und bietet durch seine vielen Poren und Löcher Unterschlupf für verschiedenste Insekten. Den Unterschied zwischen Sandstein und Kalktuffstein können Sie an dieser Kirche gut erkennen. Die kleine, offene Kapelle, die den heutigen Haupteingang der Kirche überdacht, wurde aus einem Sandstein der Region gebaut, das restliche Kirchenschiff aus Tuffstein.
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Der Kirchturm
Der Kirchturm der Stadtkirche Geislingen ist 63 Meter hoch.
Um mehr über den Kirchturm herauszufinden, fahren Sie mit dem Mauszeiger über das Bild.
Das Kirchle
Der heutige Haupteingang der Kirche ist von einem hübschen kleinen Baldachin überdacht. Der kleine Anbau an die Kirche wird liebevoll das „Kirchle“ genannt. Das Kirchle der Geislinger Stadtkirche wurde erst rund vierzig Jahre nach der Erbauung der Kirche zusätzlich angebaut. Das Kirchle ist nicht nur um einiges später erbaut worden, sondern auch aus einem anderen Stein. Im Gegensatz zu der restlichen Kirche, die aus Kalktuffstein gebaut ist, wurde dieses Kirchle aus Sandstein erbaut.
Das Netzgewölbe an der Decke des Kirchles mündet in einem einzigen Schlussstein. Auf diesem Schlussstein ist Maria mit dem Jesus Kind dargestellt. Als die Stadtkirche 1424 erbaut wurde, war diese noch katholisch. Der Schlussstein verrät, dass es sich um eine Marienkirche gehandelt hat, die zu Ehren der Heiligen Jungfrau Maria errichtet wurde. Sie war auch die Schutzpatronin der Kirche. Durch den protestantischen Einfluss aus Ulm wurde Geislingen um 1527 immer protestantischer. Im Zuge der Reformation wurde auch das Fresko über der Eingangstür entfernt, das die Krönung von Maria darstellte.
Ein ganz besonderer Balken
Auf der anderen Seite der Kirche befindet sich der ehemalige Haupteingang der Geislinger Stadtkirche. Hier war früher der Haupteingang, da sich auf dem heutigen Kirchplatz der Friedhof befand. Oberhalb des Eingangs ist das Stifterrelief noch gut erkennbar. Dargestellt ist hier einer der bedeutendsten Stifter der Stadtkirche, Klaus Ungelter von Ulm. Er war, als ehemaliger Bürgermeister, der damalige Vertreter der Reichsstadt Ulm.
Die Inschrift unterhalb des Relief besagt: „Merke: Klaus Ungelter von Ulm hat den ersten Stein dieses Gotteshauses gelegt am Mittwoch in den Osterfeiertagen auf Geheiß des Rates zu Ulm im Jahre des Herrn 1424.“
Dies ist allerdings nicht die einzige Inschrift eines Stifters die sich an dieser Stelle findet. Bei Renovierungsarbeiten fand man eine weitere sehr liebenswürdige Inschrift auf dem Balken über diesem Portal.
Diese besagt Folgendes: „Nota. Diese zwei Kirchentüren hat Herr Paul Burgmeister weiland Bürgermeister zu Geislingen von seinem eigenen Geld und zwar ohne Wissen seiner Hausfrau machen lassen.“
Der Dachstuhl
Eine weitere Besonderheit der Kirche ist hier der Dachstuhl. Es handelt sich bei diesem Dachstuhl um eine innovative und neue Bauform des damaligen Fachwerkbaus, dem liegenden Dachstuhl. Was versteht man unter einem liegenden Dachstuhl?
Auf dem Foto rechts ist am Dachstuhl zu erkennen, dass die Verstrebungen nicht gerade nach unten auf den Zwischenboden verlaufen, sondern dass die Streben schräg zu den Seiten verlaufen. Durch diese Konstruktion verlagert sich der Schwerpunkt der Tragelast auf die Seitenwände der Kirche und nicht auf Tragepfeiler in der Mitte. Daher hat die Geislinger Stadtkirche auch keinen Mittelpfeiler im Kirchenschiff, die sie dank des liegenden Dachstuhls nicht benötigt.
Das Chorgitter
Der Weg in die Kirche führt durch eine Glastür, an die Teile des ehemaligen Chorgitters befestigt sind. Ursprünglich diente ein solches Chorgitter, um die Laien, also die Gemeinde, von den Geistlichen zu trennen. Dieses Chorgitter befand sich zwischen Chorraum und Kirchenschiff. Noch heute findet man solcher Chorgitter in katholischen Kirchen. Im Zuge der Reformation wurden viele abgeschafft oder gar zerstört. Das Chorgitter der Geislinger Stadtkirche ist jedoch viel jünger. Dieses Chorgitter wurde erst 1682 zwischen dem Chorraum und dem Kirchenschiff angebracht. Vermutlich kam das Chorgitter damals nur aus ästhetischen Gründen in die Stadtkirche. Seit 1876 kann das Chorgitter nun an verschieden Stellen in der Kirche betrachtet werden. Dargestellt sind Engelsköpfe, Wappenschilder der Stadt Geislingen und Ulm, sowie große Geistliche ihrer Zeit.
Die Kanzel
Der Kirchenraum ist einen weiter, heller Raum, der schlicht gehalten ist. Eine alte Fotografie neben dem Eingang zeigt, wie die Kirche noch vor ihrer Innenrenovierung zwischen 1973 und 1976 aussah.
Weiter vorne im Kirchenschiff befindet sich rechts die Kanzel. Die Kanzel zeigt nicht wie in vielen anderen protestantischen Kirchen die vier Evangelisten, sondern sie ist mit reich verzierten Portalen und Toren geschmückt.
Die Kanzel, die 1621 erbaut wurde, vereint gleich mehrere Stile. Sie wurde zwar hauptsächlich im Stil der Spätrenaissance erbaut, sie besitzt jedoch auch einen wunderschönen Schalldeckel im gotischen Stil.
Eine Inschrift rund um die Brüstung der Kanzel lautet: „Allein Gottes Wort gehört an diesen Ort, dass es werde gehört zum Leben dort.“
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Der Streit um die Kanzel – die Reformation in Geislingen
Die Kunde über den Thesenanschlag Martin Luthers von 1517 verbreitete sich in Windeseile. Schon früh wurden auch in Ulm die Schriften Luthers eifrig gelesen. Als dann dort 1521 die ersten Prediger erschienen, um die neue Lehre zu verkünden, wurden sie als Aufwiegler ins Gefängnis gelegt. Doch bald milderte sich die Haltung des Rates; er bestellte in Ulm 1524 Konrad Sam als evangelischen Pfarrer.
Es war unausbleiblich, dass der reformatorische Brandherd in Ulm auch einen Funkenflug nach Geislingen auslöste. Als Pfarrer an der Stadtkirche wirkte seit 1509 Dr. Georg Osswald. Er stammte aus Ulm, hatte in Tübingen studiert und war ein promovierter Jurist. Im Frühjahr 1526 sah er sich veranlasst, gegen die evangelische Bewegung vorzugehen. Es war ihm bekannt geworden, dass auch in Geislingen Leute das Neue Testament besitzen und lesen. Von der Kanzel aus schalt er den Ulmer Prediger Konrad Sam einen Ketzer und behauptete, in Ulm lebe man "türkisch, viehisch und teuflisch". Prompt wurde Osswald vor den Ulmer Rat geladen, der ihm sein höchstes Missfallen ausdrückte und ihn vor weiteren Schmähungen warnte.
Doch der kampfbereite Pfarrer ließ sich davon nicht beirren und wetterte auf der Kanzel der Stadtkirche weiterhin leidenschaftlich gegen die neue Lehre. Es half freilich wenig. Ulm setzte schon 1527 in Geislingen einen evangelischen Prädikanten ein: Paulus Beck aus Munderkingen. Er war etwa 27 Jahre alt, hatte in Heidelberg studiert.
Pfarrer Osswald setzte gegen den Konkurrenten alle Hebel in Bewegung. Mit seinen Klagen beschäftigte er das Geislinger Gericht, den Ulmer Rat, den Schwäbischen Bund und den Bischof von Konstanz. Er schreckte nicht vor persönlichen Angriffen zurück: Beck sei ein ungelehrter Mensch, ein Aufrührer im Bauernkrieg und ein ganz gewöhnlicher Pfarrer, während er immerhin den Doktorhut besitze.
Der Prädikant wehrte sich verzweifelt beim Ulmer Rat und forderte Pfarrer Osswald zu einer öffentlichen Disputation heraus, der sich dieser jedoch entzog. Unterdessen ging der zermürbende Kampf weiter. Beide Pfarrer beschimpften sich gegenseitig auf den Kanzeln. Ein schmerzlicher Zwiespalt belastete die ganze Stadt.
Als sich bei einer denkwürdigen Befragung sieben Achtel der Ulmer Bevölkerung für die evangelische Sache entschieden, sah sich der Ulmer Rat gezwungen, die Reformation durchzuführen. Dazu bestellte er 1531 berühmte Theologen; sie sollten die Bevölkerung aufklären. In der Geislinger Stadtkirche predigte Martin Butzer aus Straßburg. Dabei kam es zu einem höchst dramatischen Auftritt. Als Butzer seine Predigt beendet hatte, entgegnete ihm der streitbare Dr. Osswald: "Wenn Ihr nicht gelehrter seid, wäret Ihr wohl daheim geblieben." Dann bestieg er selbst die Kanzel und hielt eine Gegenpredigt, in der er Butzers Lehre als ketzerisch brandmarkte.
Es fehlte ihm nicht an Mut; sein Einfluss wirkte im ganzen Ulmer Land. In einer Verteidigungsschrift mit 72 Seiten suchte er die 18 Artikel der Ulmer Reformatoren zu widerlegen. Die Ulmer merkten, dass er den Widerstand gegen die neue Lehre verkörperte und organisierte. Nach einem Verhör in Ulm 1531 durfte er nicht mehr nach Geislingen zurück. Er starb 1541 als Pfarrer in Überlingen an der Pest.
Osswalds geistiger Nachhall war so stark, dass Ulm 1593 in Geislingen eine zweite Reformation starten musste.
Die Orgel
Die Orgelempore der Geislinger Stadtkirche hat einige Besonderheiten. Früher, als die Stadtkirche noch katholisch war, gab es einen Durchgang vom Pfarrhaus direkt in die Kirche. Das heutige Pfarrhaus ist das Fachwerkhaus direkt neben der Kirche. Früher lebten in diesem Haus Nonnen des Franziskaner-Ordens. Diese Nonnen hatten ihre eigene Empore, daher auch dieser Durchgang. Der Durchgang ist heute noch an den Innenwänden des Pfarrhauses und der Kirche zu erkennen.
Die Orgel, die heute auf der Empore steht, wurde 1976 von dem Orgelbaumeister Kurt Oesterle erbaut. 2013 wurde sie noch einmal erweitert und modernisiert. Die Orgel ist in der Lage, Klänge von der Renaissance bis heute zur Moderne klangecht wiederzugeben. Sie ist mit ihren 5000 Pfeifen die größte im gesamten Landkreis.
Hier eine kleine Klangprobe der Orgel:
Der Innenraum der Kirche
Im Kirchenschiff finden sich einige Besonderheiten: Rechts neben dem Chorraum ist eine alte Holztür, die in die Sakristei der Kirche führt. Sie stammt aus dem Jahre 1687 und ist im barocken Stil bearbeitet. Die Sakristei-Türe steht zum einen für das Alte Testament, symbolisiert im unteren Teil der Tür durch Mose. Der obere Teil der Tür steht für das Neue Testament, dargestellt ist hier Jesus Christus.
An den Außenwänden des Kirchenschiffs sind außerdem zehn Tafelbilder aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts angebracht. Es handelt sich hier um die evangelische Darstellung des Kreuzweges. Die Bilderfolge beginnt mit dem letzten Abendmahl und endet mit der Auferstehung Jesu Christi.
Eine weitere Besonderheit in der Geislinger Stadtkirche sind die sogenannten „Totenschilde“. Diese Totenschilde hängen an den Wänden der gesamten Kirche. Diese Schilde ehren verstorbene Bürger und Geistliche der Stadt Geislingen.
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Der Chorraum
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Öffnungszeiten, Gottesdienst und Kontakt
Gottesdienste: Jeden Sonntag laden wir Sie zu einem gemeinsamen Gottesdienst um 9:30 Uhr in der Stadtkirche Geislingen ein. Immer mittwochs um 19 Uhr findet ein gemeinsames Abendgebet statt. Einmal im Monat findet samstags von 9:30 Uhr bis 12 Uhr hier die Kinderkirche statt.
Öffnungszeiten: Die Kirche ist zwischen Mai und Oktober immer Dienstag bis Sonntag zwischen 14 und 16 Uhr geöffnet. Ansonsten auch auf Anfrage.
Adresse:
Stadtkirche Geislingen
Kirchplatz 2
73312 Geislingen (Steige)
http://www.kirchenbezirk-geislingen.de/kirchengemeinden/geislingen-stadtkirche/